Gates

Gates
I
Gates,
 
William Henry III, genannt Bill, US-amerik. Programmierer und Unternehmer, *Seattle (Washington, USA) 28. 10. 1955; die wohl finanziell erfolgreichste, aber auch umstrittenste Figur in der jüngeren Computergeschichte. Gates wurde als zweites Kind des Rechtsanwalts William H. Gates II und dessen Ehefrau, der Lehrerin Mary Gates, geboren. Zur Familie gehörten noch zwei Schwestern, Kristanne und Libby, mit denen Gates in Seattle aufwuchs. Er besuchte in seiner Heimatstadt die Grundschule und soll dort schnell seine Mitschüler in nahezu allen Fächern, v. a. aber in Mathematik und den Naturwissenschaften, überflügelt haben.
 
Um ihm eine anspruchsvolle Ausbildung zu ermöglichen, schulten ihn seine Eltern in der privaten »Lakeside School« im Norden Seattles ein, in der Gates 1968 zum ersten Mal mit Computern in Berührung kam.
 
Das Institut hatte nämlich Rechenzeit an einem Großrechenzentrum gekauft, um die Schüler mit der neuen Technologie vertraut zu machen. Zusammen mit dem ebenfalls in Seattle - am 21. 1. 1953 - geborenen Paul Allen, der bis heute einer der führenden Köpfe und Mitstreiter von Gates geblieben ist, und weiteren Mitschülern, aus denen sich einige der ersten Programmierer von Gates' späterer Firma rekrutierten, verbrauchte Gates die auf Monate berechnete Computerzeit in wenigen Wochen. Es gelang der Schule jedoch an einem anderen Computerzentrum Rechenzeit zu bekommen. Da dieses System häufig abstürzte, bot das Computerzentrum der Gruppe junger Programmierer um Bill Gates unbegrenzte Rechenzeit an, um die technischen Ursachen der Abstürze aufzuspüren.
 
Doch schon 1970 wurde das Computerzentrum geschlossen. Gates und seine Mitstreiter trainierten ihre Computerkenntnisse mithilfe von Allens Vater an der University of Washington weiter und erhielten auch erste Programmieraufträge, die ihnen ein bescheidenes Einkommen gaben. In dieser Phase festigte sich die bis heute andauernde Zusammenarbeit von Bill Gates und Paul Allen. Sie bauten und programmierten einen speziellen Computer, der in der Lage war, Verkehrsströme zu messen. Dazu gründeten sie eine eigene Firma, die sie nach ihrem Produkt »Traf-O-Data« nannten (engl. traffic »Verkehr«). Nur wenig später waren Gates und Allen im Auftrag der Computerfirma TRW erneut auf der Suche nach Computerfehlern, die sie nun aber auch eigenständig aus der Software der Firma entfernen sollten.
 
Derartige Überlegungen wurden allerdings vorerst auf Eis gelegt, als Gates 1973, im Alter von 18 Jahren, Seattle verließ und ein Jurastudium an der renommierten Harvard University an der Ostküste der USA begann. Neben seinen juristischen Vorlesungen belegte Gates aber auch Mathematikkurse und erweiterte seine Programmierkenntnisse. Trotz der großen Entfernung, die Gates und Allen nun trennte, blieben sie in engem Kontakt. Zusammen arbeiteten sie 1974 während der Semesterferien für den Elektronikkonzern Honeywell. Der Plan einer eigenen Software-Firma stand immer noch im Raum, allerdings war Gates 1974 noch nicht dazu bereit, sein Studium aufzugeben, um sich ganz dem Aufbau dieser Firma zu widmen.
 
Dies änderte sich erst Anfang 1975, als Allen von einem der ersten kommerziellen Mikrocomputer, dem Modell Altair 8800 des Herstellers MITS (Micro Instrumentation and Telemetry Systems), erfuhr. Gates und Allen hatten offenbar die - wie sich später zeigen sollte - goldrichtige Ahnung, dass den Mikrocomputern die Zukunft gehören würde. Für derartige Systeme gab es jedoch damals noch keine Umsetzung einer gängigen Programmiersprache wie Assembler, Cobol oder PL/1, die bis dahin alle nur auf Großrechnern lauffähig waren. Gates und Allen boten dem Hersteller des Altair daher eine für Mikrocomputer geeignete Version der Sprache Basic an - gerüchteweise noch bevor sie auch nur eine einzige Zeile des Programms geschrieben hatten. MITS nahm das Angebot an, und mithilfe einer Emulation des Altair-Prozessors, die Allen auf dem Universitätsrechner erstellte, programmierten sie innerhalb der nächsten Wochen die versprochene Basic-Version. Zur Vermarktung gründeten sie 1975 eine Firma mit Namen Microsoft. Sehr zum Leidwesen seiner Eltern gab Gates nun sein Studium auf und arbeitete ausschließlich als Programmierer und Firmenchef.
 
In den folgenden Jahren portierte Microsoft neben Basic weitere Programmiersprachen auf verschiedene Mikrocomputer, u. a. den Apple II. 1980 kam von IBM der Auftrag, sog. Hochsprachen für den geplanten IBM Personal Computer (IBM-PC) zu entwickeln. Gates und Allen konnten IBM davon überzeugen, dass sie auch das Betriebssystem für den IBM-PC erstellen sollten, das als MS-DOS (DOS) ein Welterfolg wurde und Microsofts Weg zum Quasimonopolisten in vielen Software-Sparten ebnete.
 
Im Lauf der Jahre konzentrierte sich Gates immer mehr darauf, die strategischen Entscheidungen für Microsoft zu treffen und Neuentwicklungen voranzutreiben, ohne dabei den Kontakt mit seinen Programmieren zu verlieren. Der allerdings war nicht immer frei von Spannungen. Gates wird ein cholerisches Temperament nachgesagt und ein Ehrgeiz, der ihn selbst zu Höchstleistungen antreibt, mit dem die meisten Mitarbeiter seiner Firma aber immer wieder ihre Probleme hatten. Die Natur eines Computer-Freaks (Freak), die ihn und seine frühen Mitstreiter nächtelang an Computerproblemen tüfteln ließ, hat ihn offenbar nie verlassen, und es scheint ihm schwer zu fallen einzusehen, dass andere Menschen im Computer nicht ihren einzigen Lebensinhalt sehen.
 
1990 stellte Gates auf der amerikanischen Computermesse Comdex seine Firmenstrategie unter dem Titel »Information at your Fingertips« (dt. »Information immer zur Hand«) vor. Demzufolge besteht das Fernziel von Microsoft darin, die nahtlose Integration von möglichst vielen Anwendungen voranzutreiben, sodass sich Computeranwender ganz auf die Inhalte ihrer Arbeit konzentrieren können, statt sich überlegen zu müssen, wie sie die gewünschten Informationen aus verschiedenen Bereichen zusammenfügen können. Während der Comdex 1994 griff Gates diese Gedanken auf und zeigte, wie er sich das Leben im Jahr 2005 vorstellte. Demnach würden vollwertige PCs die Größe von Kreditkarten haben, ließen sich per Spracheingabe steuern und könnten über Infrarot und Lichtwellenleiter miteinander sowie mit einem weltweites Kommunikationssystem Daten austauschen. Dies war auch der Inhalt des 1995 veröffentlichten Buchs »The Road Ahead« (dt. »Der Weg nach vorn«), das in den USA mehrere Wochen lang die BestsellerListen anführte und in dem er seinen Visionen um Konzepte die interaktives Fernsehen, mobile Videokonferenzen u. Ä. darlegte. Negative soziale Auswirkungen sah er nicht, sondern setzte auf das Entstehen hochwertiger Arbeitsplätze anstelle der durch Rationalisierung entfallenen. Interessanterweise bezog Gates allerdings das Internet bzw. World Wide Web kaum in seine Überlegungen ein. Mit seinem 1999 erschienenen zweiten Buch »Business @ the Speed of Thought« (dt. » Digitales Business. Wettbewerb im Informationszeitalter«) vollzog er eine Kehrtwende und pries die Verlagerung aller Informationsströme in Intra- und Internet als das Zukunftskonzept schlechthin an. Eine Folge dieser Ideen ist die Initiative. NET, die im Jahr 2000 von Microsoft gestartet wurde.
 
Gates heiratete am 1. Januar 1994 Melinda French, mit der er zwei Kinder hat: Die 1996 geborene Tochter Jennifer sowie den 1999 geborenen Sohn Rory John. Neben seiner Arbeit für Microsoft interessiert er sich für Biotechnologie und ist Anteilseigner mehrere Firmen in diesem Bereich. Darüber hinaus gründete er die Bildagentur »Corbis«, die Bilder aus allen Sparten und aus unterschiedlichsten Quellen der Öffentlichkeit per Internet zugänglich macht.
 
1997 bezog Gates ein 60 Millionen US-$ teures Privathaus, das sich in der Nähe der Microsoft-Firmenzentrale in Redmond (im Osten Seattles) befindet. Das Haus ist vollständig computergesteuert, wobei alle Geräte miteinander vernetzt sind. Statt Bildern befinden sich Flachbildschirme an den Wänden, deren Motive sich jederzeit wechseln lassen. Gäste erhalten eine Chip-Karte, auf der ihre Vorlieben gespeichert sind. Abhängig vom persönlichen Geschmack wechseln die Bildmotive und die Hintergrundmusik, sobald ein Besucher einen Raum betritt.
 
Seit Ende der 1990er-Jahre gehen sowohl konkurrierende Firmen als auch eine Reihe von staatlichen Stellen in den USA gerichtlich gegen die marktbeherrschende Stellung von Microsoft sowie möglicherweise illegale Geschäftspraktiken vor (Microsoft-Urteil). Diese Prozesse haben bereits jetzt Rechtsgeschichte geschrieben und sind vergleichbar mit den großen Kartellrechtsverfahren des 20. Jahrhunderts (Standard Oil, Bell Telephone), die jeweils zur Zerschlagung von Großkonzernen geführt hatten.
 
Zusammen mit seiner Frau gründete Gates - möglicherweise um die öffentliche Meinung während des Prozesses positiv zu beeinflussen - im Januar 2000 die Bill & Melinda-Gates-Stiftung, deren Vermögen Ende 2000 über 21 Milliarden US-$ betrug. Ziel der Stiftung ist es, weltweit Initiativen im Bereich der Bildung und des Gesundheitswesens zu unterstützen, damit die Fortschritte auf diesen Gebieten allen Menschen zugute kommen. Die Stiftung unterstützt beispielsweise Bibliotheken bei der Anschaffung von Büchern, Schulen bei der Anschaffung von Computern sowie bei der Einrichtung von Internetzugängen, finanziert aber auch Fortbildungsmaßnahmen, besonders in Gebieten mit niedrigem Einkommen.
 
Am 13. 1. 2000 trat Bill Gates - möglicherweise ebenfalls als Teil seiner Imagekampagne - als Firmenchef (CEO, Abk. für Chief Executive Officer, dt. »Hauptgeschäftsführer«, »Vorstandsvorsitzender«) von Microsoft zurück und übergab die operative Führung des Unternehmens an seinen Stellvertreter Steve Ballmer (*Detroit 24. 3. 1956). Seitdem fungiert Gates als »Chairman of the Board and Chief Software Architect« (»Vorstandsvorsitzender und Chef-Software-Entwickler«).
 
Gates zählt zu den reichsten Menschen der Erde, sein Privatvermögen wird vom Forbes Magazine auf etwa 54 Milliarden US-$ geschätzt, der genaue Wert ist abhängig vom zuweilen schwankenden Kurs der Microsoft-Aktie. Trotz dieses ungeheuren Vermögens wird Gates als Mensch beschrieben, der mit Geld nicht herumprasst und vergleichsweise »bescheidene« Ansprüche hat: Seine Garage wird nicht von Luxuskarossen geziert und auf Linienflügen nutzt er nicht die erste Klasse. Mehr als die Vermehrung seines unglaublichen Reichtums ist für ihn der Zwang, der Beste und Erfolgreichste sein zu müssen, Antrieb zu immer neuen Aktivitäten.
 
II
Gates
 
[geɪts], Bill, eigentlich William Henry Gates, amerikanischer Computerfachmann und Unternehmer, * Seattle (Washington) 28. 10. 1955. Gates, der bereits als Schüler Computerprogramme entwickelt und vermarktet hatte, gründete 1975 mit seinem früheren Mitschüler Paul Allen die Firma Microsoft Corporation. Nach ersten Erfolgen mit dem Betriebssystem MS-DOS und der Benutzeroberfläche Windows baute Gates das Softwareunternehmen mit einem ausgeprägten Gespür für Marktentwicklungen zu einem weltweit agierenden Branchenführer aus.
 
Werk: The road ahead (1995; deutsch Der Weg nach vorn).
 
 
J. Wallace u. J. Erickson: Mr. Microsoft (a. d. Amerikan., Neuausg. 1994).

Universal-Lexikon. 2012.

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